Haushalts-Update
Der Schnellüberblick
- Ausgangslage: Im vom Regierungspräsidium genehmigten Doppelhaushalt 2025/26 plant die Stadt mit einem negativen Ergebnis von rund 15 Mio. Euro.
- Vorausgehende Schritte: Zur Erstellung des aktuellen Doppelhaushalts wurde bereits eine globale Minderausgabe umgesetzt, die die beeinflussbaren Budgets spürbar eingekürzt hat.
- Weitere Verschlechterung: Die Prognose für das Jahr 2025 zum Stand des 2. Quartalsbericht im Juli 2025 lag bei rund -19 Mio. Euro.
- Der Grund: ein weiterer Einbruch bei der Gewerbesteuer und die deutschlandweit schwierige Lage bei den kommunalen Finanzen. Die Abfrage nach weiteren Einsparpotentialen in den Konstanzer Dezernaten fiel geringer aus als erhofft und kann dem Einbruch der Gewerbesteuer nicht gegenwirken.
- Gegensteuerung: Die Entwicklung erforderte sofortige Gegensteuerung. Das wurde am 19.09.2025 über eine haushaltswirtschaftliche Sperre, kurz Haushaltssperre, realisiert.
- Haushaltssperre? Sie bremst neue Ausgaben, bis Klarheit über die finanzielle Lage der Stadt und Gegenmaßnahmen besteht. Also: Vorübergehend keine neuen Ausgaben, bis die Lage geklärt ist. Laufende Zahlungen (z.B. Gehälter, bestehende Verträge) werden weiter getätigt, um den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten. Neue Vorhaben werden pausiert, nicht gestrichen. Ziel ist, Zeit zu gewinnen, um die Zahlen zu prüfen und gezielt gegenzusteuern.
- So geht es weiter: Die Haushaltssperre ist vorerst bis zur Sitzung des Haupt-, Finanz- und Klimaausschusses (HFK) am 16. Oktober befristet. Dort trifft der Rat die Entscheidung über ihre Fortführung oder Aufhebung - auf Basis aktueller Zahlen des 3. Finanzberichts.
Fragen und Antworten (Stand 01.10.25)
Warum ist die finanzielle Lage der Kommunen derzeit so schlecht?
- Deutlich weniger Einnahmen, gleichzeitig höhere Ausgaben: Nach zwei Rezessionsjahren und wirtschaftlichem Druck schwächeln wichtige kommunale Einnahmen, während Kosten für Betrieb, Bau und soziale Aufgaben steigen. Ergebnis: Haushaltslücken, die kurzfristig kaum zu schließen sind.
- Mehr Aufgaben, hohe Standards, begrenzte Ressourcen: Der Umfang staatlicher Leistungszusagen und Standards ist schneller gewachsen als die verfügbaren Mittel. Kommunen müssen Pflichtaufgaben sichern und geraten deshalb bei freiwilligen Leistungen (z. B. Vereinsförderung, Öffnungszeiten) unter Druck.
- Investitionen werden teurer, Projekte verzögern sich: Sanierungen und Neubauten (Sporthallen, Kitas, Schulen) müssen verschoben oder gestrichen werden. Gebühren und Hebesätze reichen vielerorts nicht mehr aus, um die Lücken zu schließen.
- Strukturelles Problem, nicht nur kurzfristiger Engpass: Kommunale Spitzenvertreter sprechen von einer „dramatischen Schieflage“ und fordern eine gesamtstaatliche Reform mit klaren Prioritäten, Aufgaben- und Standardkritik – sonst leidet die Handlungsfähigkeit vor Ort dauerhaft. Hier ein Video des Städtetags Baden-Württemberg in dieser Sache.
Ist die Stadt Konstanz pleite?
Kurz: nein.
- Eine Haushaltssperre bedeutet nicht „pleite“, sondern ist eine Notbremse: Neue Ausgaben werden vorläufig gebremst, bis die Lage geklärt ist und Gegenmaßnahmen greifen. Ziel ist, Ergebnis und Zahlungsfähigkeit zu sichern. Laufende Verpflichtungen (z. B. Gehälter, bestehende Verträge, notwendige Betriebskosten) werden weiter erfüllt.
- Eine Verwaltung kann nicht wie ein Unternehmen "pleite" gehen. Kommunen sind in Deutschland rechtsfähig, aber nicht insolvenzfähig im Sinne des Insolvenzrechts. Es gibt kein reguläres Insolvenzverfahren für Städte. Stattdessen greifen haushaltsrechtliche Steuerungsinstrumente und Aufsicht. Aber auch wenn eine „Insolvenz“ rechtlich nicht vorgesehen ist, kann eine Kommune faktisch stark eingeschränkt sein (sog. Nothaushalt/strenge Aufsicht).
- Was passiert bei ernsten Finanzproblemen? Die Kommune muss Ausgaben priorisieren, Einnahmen erhöhen oder Projekte verschieben. Die Kommunalaufsicht kann Vorgaben machen; Pflichtaufgaben und Zahlungsfähigkeit sind sicherzustellen.
- Die angespannte Lage betrifft viele Kommunen in Baden-Württemberg; sie ist Ergebnis von sinkenden/rechtsunsicheren Einnahmen und steigenden Kosten. Kommunale Spitzenverbände sprechen von einer strukturellen Belastung – nicht von massenhafter Zahlungsunfähigkeit.
Was ist eine Haushaltssperre?
- Eine formale Notbremse der Haushaltssteuerung: neue Ausgaben werden vorläufig begrenzt oder verschoben, um Ergebnis und Zahlungsfähigkeit zu sichern.
- Sie greift, wenn sich im laufenden Jahr Risiken zeigen, z. B. Mindererträge, Kostensteigerungen oder Verzögerungen, die den Plan gefährden.
- Zweck: Transparenz schaffen, gegensteuern und – wenn nötig – einen Nachtragshaushalt vorbereiten.
Was bedeutet die Haushaltssperre konkret?
Ausgaben sind weiterhin möglich, wenn
- gesetzliche/vertragliche Verpflichtungen bestehen
- begonnene Maßnahmen unaufschiebbar sind
- Gefahr im Verzug vorliegt
- wirtschaftlicher Schaden droht (z. B. Fördermittelverlust)
- der Dienstbetrieb gesichert werden muss.
Aktuell nicht zulässig:
- noch nicht begonnene Maßnahmen
- neue Beschaffungen und Verträge (sofern nicht zwingend für den Dienstbetrieb)
- neu zu bewilligende Freiwilligkeitsleistungen/Zuschüsse – außer ein Ausnahmetatbestand (s.o.) liegt vor.
Warum wurde in Konstanz eine Haushaltssperre verhängt?
- Im 2. Finanzbericht 2025 wurde eine deutliche Verschlechterung prognostiziert; u. a. stagnierende Gewerbesteuer und Rückgänge bei der Grundsteuer – kumuliert rund 7,5 Mio. Euro unter Plan.
- Die Suche nach weiteren aufschiebbaren Projekten in den Ämtern brachte kurzfristig nicht genug Entlastung.
- Deshalb hat der OB nach Abstimmung mit der Kämmerei am 19.09. die Sperre verfügt, um die finanzielle Leistungsfähigkeit zu sichern.
Was ändert sich für Bürgerinnen und Bürger durch die Haushaltssperre?
- Pflichtleistungen bleiben gesichert (Bezahlung von laufenden Verträgen, Energie, notwendige Sicherheit/Brandschutz, Hygiene und Betriebsmittel)
- Projekte, die noch nicht gestartet sind, können sich verzögern (Beispiel: Noch nicht begonnene Bauprojekte verschieben sich, während laufende Baustellen fortgeführt werden.)
- Freiwillige Leistungen werden vorerst nicht bewilligt (z.B. neue, nicht beschiedene Zuschüsse) . Über Ausnahmen und die Fortführung von Zahlungen wird im Oktober im Rat beraten.
Betrifft die Haushaltssperre meinen Verein/meine Förderung?
Was passiert mit Bauprojekten der Stadt?
Werden Gebühren/Steuern erhöht?
Wie werden Entscheidungen getroffen?
- Alle städtischen Mittel sind von der Sperre betroffen. Kleinere Vorgänge können im Amt bestätigt werden, größere über die Kämmerei und ggf. OB/Verwaltungsleitung.
- Der Gemeinderat wird fortlaufend informiert. Bei Bedarf sind zusätzliche politische Entscheidungen erforderlich. Der erste Aufschlag für die politische Beratung ist am 16. Oktober 2025 im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss.
Was sind die Prioritäten der Stadt im Prozess?
- Sicherheit, gesetzliche Verpflichtungen und Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs haben Vorrang.
- Laufende, begonnene Maßnahmen mit rechtlicher oder wirtschaftlicher Notwendigkeit werden fortgeführt.
- Freiwillige und nicht begonnene Vorhaben werden zurückgestellt, um den Haushalt zu entlasten. Hierbei wird anhand der Vorgaben, aber auch mit einem verantwortungsvollen Blick auf die Auswirkungen einer Zurückstellung, entschieden.
Wie lange gilt die Sperre?
Wie geht es danach weiter?
- Nachtragshaushalt 2026: Die Kämmerei bereitet für 2026 einen Nachtragshaushalt vor. Ziel ist ein Paket an Maßnahmen, das den Einbruch bei der Gewerbesteuer abmildert und die bereits negative Ergebnislage stabilisiert. Die Erstellung und Beratung erfolgt gemeinsam mit dem Gemeinderat noch 2025.
- Priorität: Das Jahr 2025 entlasten und Auswirkungen auf 2026 transparent darstellen.
- Für die Aufstellung des nächsten Doppelhaushalts 2027/28 soll ein geändertes Verfahren gelten. Dieses wird derzeit erarbeitet.
Updates
Hier veröffentlichen wir regelmäßige Updates mit Datum, um transparent zu informieren.
Aktuelle Meldungen
- 07. Oktober 2025: Stadt Konstanz bereitet Doppelhaushalt 2027/2028 vor - Personelle Neuaufstellung in der Kämmerei
- 19. September 2025: Konstanz zieht finanzielle Notbremse – aber mit Augenmaß - OB Uli Burchardt verhängt Haushaltssperre, Verwaltung hält Wort
- 3. September 2025: Stellungnahme: Ausschreibung zur Klimaschutzkommunikation - Ausschuss berät über weiteres Vorgehen
- 27. Juni 2025: Konstanzer Haushalt 2025/26 genehmigt - Deutliche Signale: Stadt muss Konsolidierung fortsetzen
- 4. April 2025: Doppelhaushalt 2025/2026 beschlossen - Konstanz navigiert weiterhin durch finanzielle Herausforderungen
- 12. Februar 2025: Haushalt für die Jahre 2025/2026 - Beschluss im Gemeinderat wird später gefasst
Glossar
- Berichtspflicht nach § 28 GemHVO: laufende Steuerungsberichte zu Finanz- und Leistungszielen. Periodisch (i. d. R. quartalsweise), plus unverzüglich bei wesentlicher Verschlechterung des
Planergebnisses oder erheblicher Erhöhung der Gesamtauszahlungen. Enthält IST vs. Plan, Prognose, Abweichungen und Gegenmaßnahmen. - Ergebnishaushalt (ErgHH): bezieht sich auf den laufenden Betrieb. Deckt die „Alltagskosten“ der Stadt: Personal, Mieten, Energie, Unterhalt, Sachkosten, Zuschüsse. Enthält auch laufende Erträge: Steuern, Gebühren, Zuweisungen. Ziel: laufende Aufwendungen mit laufenden Erträgen decken (keine Substanz aufbrauchen).
- Finanzhaushalt (FinHH): Zeigt, wann tatsächlich Geld fließt: Einzahlungen und Auszahlungen der Stadt. Umfasst z. B. Steuereinzahlungen, Gebühren, Kreditaufnahmen, Fördermittel sowie Auszahlungen für Investitionen, laufende Betriebskosten, Kredittilgung. Unterschied zum Ergebnishaushalt: Der Ergebnishaushalt betrachtet Aufwendungen/Erträge (wirtschaftlich-rechnerisch), der Finanzhaushalt betrachtet Cashflow (tatsächliche Zahlungen). Wichtig für Liquidität: Mit dem Finanzhaushalt wird gesichert, dass die Stadt zu jedem Zeitpunkt zahlungsfähig bleibt.
- Haushaltssperre / haushaltswirtschaftliche Sperre nach § 29 GemHVO: Instrument zur kurzfristigen Haushaltssteuerung, wenn sich während des Jahres
Risiken für Ergebnis oder Liquidität abzeichnen. Ziel ist die Bewirtschaftung zu bremsen, bis Klarheit über die Lage und Gegenmaßnahmen besteht. - HFK oder Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss: ein Ausschuss des Konstanzer Gemeinderates (GR)
- Investitionshaushalt: Finanziert langlebige Güter und Projekte: Schulen sanieren/neu bauen, Straßen, Brücken, Fahrzeuge, IT-Großanschaffungen. Mittelherkunft oft über Kredite, Fördermittel oder Verkaufserlöse. Wirkt über viele Jahre: schafft Vermögen, kann aber Folgekosten im Ergebnishaushalt auslösen (z. B. mehr Unterhalt).
- Nachtragshaushalt nach § 82 GemO: Änderung der Haushaltssatzung im laufenden Jahr; tritt rückwirkend zum Beginn des Haushaltsjahres in Kraft. Wird erforderlich wenn erheblicher Fehlbetrag im Ergebnis- oder Finanzhaushalt entsteht/sich vergrößert, bei erhebliche Mehraufwendungen/Mehrauszahlungen (außerplanmäßig oder überplanmäßig), wenn bisher nicht veranschlagte Investitionen/Investitionsförderungen geleistet werden müssen oder bei Änderungen im Stellenplan (Einstellungen/Beförderungen), die Planstellen betreffen.