Hieronymus von Prag - Was war er für ein Mensch und wie wirkt er noch heute nach?
Magister der Freien Künste, Philosoph, Gelehrter, Meister der Rhetorik, Politiker, Networker, Christ, Märtyrer, Stürmer, Globetrotter, Raufbold, Provokateur, Ketzer - das sind einige der unterschiedlichen Einschätzungen des Hieronymus von Prag.
Unbestritten ist, dass er einer der bedeutendsten Vertreter der tschechischen Reformation im 15. Jahrhundert war. Sein noch junges Leben verlor er am 30.5.1416 in Konstanz, wo ihn das Konzil als Ketzer zum Feuertod verurteilte.
Der italienische Humanist Poggio Bracciolini schrieb über Hieronymus, er sei des ewigen Gedenkens würdig. Dieser Gedanke ist zur Realität geworden. Das Vermächtnis von Hieronymus, u.a. seine Bemühung Menschen anzuregen, selbst zu denken und seine Sehnsucht nach der Wahrheit, die stärker als der Tod war, lebt bis heute und wird weiterhin bewahrt.
Ein kleiner sprachlicher Exkurs - Konstanz und Kostnice
Die Tschechen, wie auch andere Slawen, übernehmen in vielen Fällen aus anderen Sprachen die eigenen Namen nicht vollständig, sondern „übersetzen“ sie. So wird z. B. aus Aachen "Cáchy" und aus Regensburg "Řezno". Auch dem Namen der Stadt Konstanz gab die tschechische Sprache ihren eigenen Hauch. Die Tschechen kennen die größte Stadt am Bodensee unter dem Namen "Kostnice".Wie kam es zu dieser „Übersetzung“?
Sie geht aus den älteren deutschen Benennungen Costenz/Kostenz/Costnitz hervor. Die tschechische Ableitung taucht in Böhmen zum ersten mal Ende des 18. Jahrhunderts in der Übersetzung der Werke über das Konstanzer Konzil von Kaspar Royko, dem Professor der Theologischen Fakultät der Prager Universität, ins Tschechische auf. Die Übersetzung von Václav Stach aus dem Jahr 1785 im Tschechisch lautet: „Historie velkého sněmu kostnického (Deutsch „Die Geschichte des großen Konstanzer Konzils). Aus "Costnitz" wurde also "Kostnice". Diese Namensform dominierte dann im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts die Bezeichnung der Stadt Konstanz in der tschechischen Sprache. Obwohl einige traditionelle tschechische Benennungen der deutschen Orte heutzutage zugunsten der offiziellen Namensformen zurücktreten, trägt Konstanz im modernen Tschechisch aufgrund seiner spezifischen Stellung weiterhin die tschechische Form "Kostnice".
Der tschechische Name der Stadt Konstanz erscheint in Tschechien noch in anderen Benennungen. Eine findet man bei einer Vereinigung namens "Kostnická jednota" (Konstanzer Vereinigung). Sie wurde als bürgerliche Vereinigung der evangelischen Christen im Jahre 1905 durch Herrn Dr. Čeněk Dušek gegründet. Die Mitglieder dieser ersten ökumenischen tschechischen Organisation bekennen sich zum Erbe von Jan Hus und Jan Amos Komenský (Comenius) sowie anderen Reformatoren. Ziel der Vereinigung ist es, eine Plattform für die ökumenische Zusammenarbeit der Christen und eine Basis zur Unterstützung der Aktivitäten im öffentlichen Bereich zu sein.
Innerhalb der Vielzahl evangelischer Zeitschriften weltweit, trägt eine den tschechischen Namen der Stadt Konstanz. Es handelt sich um die Wochenzeitschrift Kostnické jiskry (Konstanzer Funken), die bereits jahrzehntelang von der Vereinigung "Kostnická jednota" herausgegeben wird. Diese Zeitschrift übermittelt die weiterhin aktuelle moralische, soziale und irenische Botschaft der Reformation.
Eine ganz andere Bedeutung bekommt in der tschechischen Sprache die Namensform „Kostnice“, wenn man dieses Wort schreibt wie folgt: kostnice. Es geht dann um keinen eigenen Namen mehr, sondern um ein allgemeines Nomen (Substantive werden im Unterschied zu der deutschen Sprache in Tschechisch anfangs klein geschrieben und haben keinen Artikel). Das Wort „kostnice“ wurde vom Wort kost - Knochen, abgeleitet. Die Form „kostnicě“ erscheint im Alttschechisch bereits im 15. Jahrhundert und bezeichnet seitdem das Haus auf dem Friedhof, in dem menschliche Überreste gelagert wurden. „Kostnice“ entspricht also dem deutschen Beinhaus.
Diese zweckgebundenen Gebäude zeichnen sich in einigen Orten in Tschechien durch ihre einmalige Gestaltung aus. Ohnegleichen ist das Beinhaus in Sedlec, einem Städtchen östlich von Prag, das als das bekannteste tschechische „ossarium“ gilt. Überreste von ca. 40.000 Menschen liegen hier seit dem 17. Jahrhundert in verschiedenen geometrischen Gebilden zusammen. Die einmalige Knochenverzierung soll den Besucher zum Nachdenken über die eigene Existenz und zur Verantwortung und Würdigung des eigenen Lebens anregen.
Dass die Tschechen auch den deutschen Namen der Stadt am Bodensee gekannt haben, zeigt die Benennung eines Berges bei Hradec Kralové (Nordosten von Tschechien). Dieser hat im Gedenken an Jan Hus, Hieronymus von Prag und anderen tschechischen Reformatoren seit 1521 den Beinamen „Konstanc“ erhalten.
Aus dem zweiten Leben von Jan Hus
Hinter dieser Tür der Gefängniszelle im Konstanzer Dominikaner Klosters ist Jan Hus Anfang Dezember 1414 verschwunden. So sollte es ihm unmöglich gemacht werden, weitere Menschen gegen die Amtskirche anzustiften. Sieben Monate später wurde der Prager Gelehrte und Prediger als Erzketzer dem Scheiterhaufen übergeben.
Hussens Gedanken ließen sich aber weder versperren, noch verbrennen, sie blieben lebendig. Eng mit seiner Persönlichkeit ist eine der bemerkenswertesten Epochen der tschechischen Geschichte verbunden - die tschechische Reformation im 15. Jahrhundert. Ihre Protagonisten wurden von den Gegnern mit den Absichten von Jan Hus in Verbindung gesetzt, sie wurden diffamierend als Hussen – Hussiten und ihre Reformbewegung als die hussitische Revolution bezeichnet.
Die Anhänger der Lehren von Jan Hus bildeten eine heterogen zusammengesetzte, religiöse, nationale und soziale Bewegung, insbesondere in Böhmen. Ein Mittelpunkt der Bewegung war die im Frühjahr 1420 im Südböhmen neugegründete Stadt Tabor. Über die Geschichte dieses radikalen Zentrums der hussitischen Revolution erfahren Sie mehr in der Sonderausstellung, die in unserem Haus zu sehen sein wird.
Die Gefängnistür ist seit 1980 ein Bestandteil der Dauerausstellung im Hus-Haus.