Fast jede, fast jeder stellt sich die Frage irgendwann, was gutes Leben im Alter bedeutet - für sich selbst, für Eltern und für Angehörige. So vielfältig die Lebensgestaltung eines jeden Menschen ist, so unterschiedlich wird die Antwort ausfallen, was in dieser Hinsicht „gut“ bedeutet. Die Betrachtung des Alters bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch, ein normales Leben zu führen, und dem Wissen um die Beschwernisse des Alters, die Hilfe und Unterstützung notwendig machen können. Es lohnt sich also, sich mit dem Thema Älterwerden bewusst auseinanderzusetzen, Gestaltungsspielräume zu erkennen und Entscheidungen rechtzeitig zu treffen. Selbstverantwortlich für ein gutes Leben im Alter zu sorgen, soweit es geht, sollte für jeden ein Anliegen sein.
Angesprochen werden mit dem  Handlungsprogramm Pflege & mehr darum nicht nur die kommunal Verantwortlichen oder diejenigen, die sich von Berufs wegen im Vor- und Umfeld der Pflege bewegen, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger selbst.

In verschiedenen Arbeitsgruppen haben sich ämter- und abteilungsübergreifend MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung und des Landratsamtes, MitarbeiterInnen aus der Wohnungswirtschaft, interessierte und betroffene BürgerInnen, Akteure aus der Altenhilfe und des Stadtseniorenrats mit Mitarbeiterinnen der Abteilung Altenhilfe mit den Handlungsfeldern

  • Altersgerechtes Wohnen
  • Arbeitskräfte für den Pflegebereich
  • Zuhause leben mit Unterstützung
  • 24-Stunden-Pflege ambulant und stationär und
  • Sorge tragen in Nachbarschaft und Quartier

beschäftigt. Für diese Bereiche wurden Visionen und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Ergänzt wurden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen mit Hintergrundinformationen zu Themenbereichen, die Einfluss haben auf künftiges Älterwerden und Altsein. Die demografische Entwicklung wird hier ebenfalls angesprochen, wie sich verändernde Familienkonstellationen oder die fortschreitende digitale und technische Entwicklung. 
 
Das Handlungsprogramms Pflege & mehr wurde im Juli 2022 vom Gemeinderat verabschiedet. Seither hat sich schon einiges bewegt. Mit verschiedenen Akteuren wurden in allen Bereichen Aktivitäten zur Umsetzung gestartet. Lesen Sie dazu den Bericht zur Pflege & mehr 2023.

Sorge tragen in Nachbarschaft und Quartier

Der Begriff der sorgenden Gemeinschaft taucht seit einigen Jahren vermehrt in Publikationen auf und es scheint auf der Hand zu liegen, was er bedeutet: Menschen sind immer wieder im Lauf ihres Lebens auf andere angewiesen, mal mehr, mal weniger. Und jeder kann sowohl Sorge tragen wie auch empfangen. Wer schließlich alters- oder krankheitsbedingt nicht mehr alleine zurechtkommt, soll von einer Gemeinschaft aufgefangen werden, die sich sorgt und kümmert. Diese Gemeinschaft kann bestehen aus der Familie, Freunden, den Nachbarn, Mitgliedern der Kirchengemeinde oder professionellen Helfern. Im besten Fall aus allen gemeinsam. Und der so umsorgte Mensch kann in seiner vertrauten Umgebung selbstbestimmt ein Leben nach seinen Wünschen und Vorstellungen führen. Das geschieht jedoch nicht von selbst und kann auch nicht verordnet werden.

Nach Professor Thomas Klie ist Sorge die „vorausschauende Anteilnahme des Menschen an seiner Umwelt und sich selbst“ (Klie 2017) [i]

Wir nähern uns dem Begriff der Sorge über die Beziehungen, die in Nachbarschaften bestehen. Es ist der Wunsch der allermeisten Menschen, in einer vertrauten Umgebung alt zu werden, dort, wo Wege und Plätze, aber vor allem die Mitmenschen bekannt sind. Als Kommune haben wir an dieser Stelle Gestaltungsmöglichkeiten, die wir im Rahmen des Handlungsprogramms Pflege und mehr nutzen. An vielen Orten in der Stadt bestehen schon jetzt gute nachbarschaftliche Beziehungen. Hier achten Nachbarn aufeinander, unterstützen sich, wenn es nötig ist, gegenseitig und verbringen Zeit miteinander. Eine für alle Beteiligten gute Balance zwischen Nähe und Distanz gehört auch dazu. Wir wollen die positiven Aspekte von Nachbarschaft sichtbar machen, würdigen und zur Nachahmung anregen. Dazu soll die Aktion Nachbarschaftsgeschichten beitragen, die im Frühjahr beginnt.

Damit aus guten Nachbarschaften tragfähige sorgende Gemeinschaften werden können, braucht es aber mehr. Im Zuge des demografischen Wandels (weniger Kinder pro Familie, Familienmitglieder wohnen weit voneinander entfernt) gerät die Pflege und Betreuung durch Familienangehörige unter Druck. Die meisten Angehörigen wollen nach wie vor Verantwortung für die Pflege ihrer Nächsten übernehmen, können dies aber immer häufiger nicht vor Ort oder im erforderlichen Ausmaß tun. Dem Einsatz professioneller Dienste setzt der Mangel an Mitarbeitern Grenzen. Das zusammen führt dazu, dass sich Pflegearrangements verändern. Nachbarn können an verschiedenen Stellen dieser Versorgungsarrangements eine wesentliche Rolle spielen. Je intensiver die Beteiligung ist, umso mehr bedarf es der Steuerung und verbindlicher Absprachen.

Im Arbeitskreis „Füreinander Sorge tragen in Quartier und Nachbarschaft“ werden unter anderem Handlungsempfehlungen für tragfähige Pflege- und Betreuungsarrangements erarbeitet.  

[i] Klie, Thomas (2017): Sorge trifft Selbstbestimmung (aq-nrw.de)  (Zugriff am 16.12.2020)[i]