70 Jahre KiKuZ: Meilensteine und Anekdoten
Zum 70-jährigen Jubiläum blickt das KiKuZ (KinderKulturZentrum) auf eine ereignisreiche Geschichte zurück. Geprägt von Meilensteinen, Anekdoten und dem Team.
Das KiKuZ ist wie Heimat
Seit 2023 leitet Claudia Kienzler das KiKuZ in Konstanz. Im Jubiläumsjahr blickt sie auf die gewachsene Rolle des Hauses, auf veränderte Lebenswelten – und auf Rückmeldungen von Kindern, die für Gänsehaut sorgen. Die Fragen stellte die Stadt Konstanz.
Frau Kienzler, das KiKuZ feiert mit 70 Jahren ein besonderes Jubiläum. Warum braucht es so eine Einrichtung auch heute noch?
Weil Kinder nach wie vor einen attraktiven und geschützten Ort brauchen, an dem sie sich in ihrer Freizeit ganz ungezwungen treffen können – außerhalb von Schule und Familie. Bei uns wählen sie frei aus kreativen, spielpädagogischen, musischen, medienpädagogischen oder Bewegungs-Angeboten. Sie entdecken ihre Fähigkeiten, entwickeln sich auch persönlich weiter und erfahren Teilhabe, ganz freiwillig und oft spontan. Die Angebote können von allen Kindern wahrgenommen werden, unabhängig von zum Beispiel Herkunft, Geschlecht, Religion, Beeinträchtigung oder Bildungshintergrund. Wie haben sich die Lebenswelten der Kinder verändert und wie reagiert das KiKuZ darauf?Der Alltag der Kinder ist heute oft durchgetaktet: Sie haben nach der Schule Kernzeitbetreuung, gehen dann zum Musikunterricht, zum Fußball oder zum Tanzen – und kommen manchmal danach noch ins KiKuZ. Deshalb ist es uns umso wichtiger, dass sie bei uns Freiräume haben, die sie selbst gestalten können. Und wir hören genau hin: Was interessiert sie? Was brauchen sie? Neue Formate wie medienpädagogische Angebote, Bewegungsprojekte oder Angebote im Rahmen der verlässliche Ferienbetreuung sind unsere Antwort auf veränderte Bedingungen. Was unterscheidet das KiKuZ von klassischen Betreuungseinrichtungen?Unsere Angebote haben keine festen Anfangs-und Endzeiten. Es gibt keine verpflichtenden Gruppen, sondern freie Wahl. Ich erinnere mich an ein Kind im Schreibworkshop, das eigentlich gar nicht so gern schreiben wollte – aber unheimlich gern die anderen Kinder fotografierte. Gemeinsam haben wir daraus unter anderem ein Fotobuch gemacht. Das Kind war mächtig stolz und hat so einen kreativen Beitrag geleistet, den wir gar nicht geplant hatten.
Wie erleben die Kinder das KiKuZ?Ich habe sie selbst gefragt und ihre Antworten waren beispielsweise: „Ich hab im KiKuZ meine beste Freundin kennengelernt.“ – „Ich weiß, dass immer jemand für mich da ist.“ – „Das KiKuZ ist wie Heimat für mich.“ Wenn ich das lese, bekomme ich Gänsehaut. Das sind starke Emotionen, die mich sehr rühren. Was wünschen Sie dem KiKuZ für die nächsten 70 Jahre?Auf jeden Fall weiterhin diese Vielfalt an Kindern, die das KiKuZ besuchen und neugierig sind auf unsere Angebote. Dann wünsche ich dem KiKuZ eine Stadtverwaltung und eine Bürgerschaft, die die Kinder- und Jugendarbeit weiterhin schätzt und fördert. Da sind wir wirklich in einer glücklichen Lage. Außerdem viele engagierte Ehrenamtliche und Auszubildende, ohne die wir unser Programm nicht stemmen könnten. Und dann wünsche ich dem KiKuZ weiterhin viele Jahre noch so ein großartiges und beständiges und kompetentes Team wie es derzeit besteht.
Meilensteine des Kinderkulturzentrums: Von der Gründung bis heute
1955: Gründung als Jugendhaus Raiteberg
Nachkriegszeit in Konstanz: Auf dem Raiteberg entsteht eines der ersten Jugendhäuser Baden-
Württembergs. Der Ostflügel dient zunächst als Wohnheim für Lehrlinge, später als Jugendherberge.
Schon damals ist das Haus ein Ort der Begegnung und Kreativität.
1988: Abschied von Franziskus Dannenmayer
Der langjährige Leiter prägte Generationen: Viele Zeitzeugen erinnern sich an Werkstätten,
Feste und legendäre „Sprudelbälle“ zur Fasnacht.
1992/93: Vom Jugendhaus zum KiKuZ
Ein neues Kapitel beginnt: Das Haus wird zum „KinderKulturZentrum“ der Stadt Konstanz.
Fortan richtet es sich insbesondere an Kinder bis 14 Jahre. Parallel wird das Jugendzentrum
Gustav- Schwab-Straße für ältere Jugendliche eingerichtet.
1917 – 2019: Neue Räume für Kinder und Familien
Das Haus wird umfassend saniert. Es entstehen u. a. die Kita Rebberg, ein Raum für „Elternbildung
und Quartier“, sowie neue Treffpunkte für kreative, offene Angebote.
1922 – 2023: Generationswechsel im Team
Nach über 30 Jahren im Amt stirbt Leiter Peter Straub. Sein Kollege Gunter Lange geht in
den Ruhestand. Claudia Kienzler übernimmt die Leitung. Das neue Team ist dem Geist des
Hauses treu – mit viel Erfahrung und frischem Elan.
1924 – 2025: Feiern mit Blick in die Zukunft
Ein ganzes Jahr steht im Zeichen des Jubiläums. Beim großen Fest im Juli 2025 hat das
KiKuZ nicht nur zurückgeblickt, sondern auch gezeigt, wie lebendig das KiKuZ ist: mit Ferienbetreuung,
Kreativangeboten, und Familienevents wie „Grillen & Chillen“.
Schafe, Gästebücher und Karrieren: Geschichten, die nur das KiKuZ schreiben kann
Das KiKuZ ist so vielfältig wie die Menschen, die hier ihre Freizeit verbringen und arbeiten.
Das zeigen diese Anekdoten:
Karriere dank Dunkelkammer
Als Jugendlicher fand Mario Hänel im KiKuZ den Zugang zur Fotografie: 1970 machte er im
Jugendhaus einen Fotokurs, bestand die Prüfung beim zweiten Versuch – beim ersten war ein
Bild zu dunkel geraten – und durfte das Labor fortan selbstständig nutzen. „Das war ganz
wichtig für mich: Ich lebte in einfachen Verhältnissen, an die Nutzung eines Fotolabors war da
gar nicht zu denken.“ Später macht er eine Ausbildung zum Fotografen und arbeitet bis zu
seiner Pension in diesem Bereich. „Das Jugendhaus war ein kleiner Baustein für meine berufliche
Karriere“, sagt Mario Hänel rückblickend.
Fundstück mit Geschichte
Kurz vor dem 70. Jubiläum erreicht KiKuZ-Leiterin Claudia Kienzler ein überraschender Anruf:
Die Enkelin des früheren Leiters Franziskus Dannenmayer hat ein altes Gästebuch gefunden
– von Anfang der 60er-Jahre, als das KiKuZ noch eine Jugendherberge war. „Es ist gefüllt mit
tollen Zeichnungen, spannenden Schriftzeichen und Kommentaren – diese Lektüre werde ich
mir in Ruhe vornehmen“, sagt Claudia Kienzler.
Schafe im Keller
Franziskus Dannenmayer, KiKuZ-Leiter, hat für die Gartenpflege eine besondere Lösung gefunden:
Er hielt Schafe als „Rasenmäher“ auf dem Gelände.
Einmal im Jahr wurden sie im Keller geduscht – ein Bild, das bei älteren BesucherInnen bis
heute für Gesprächsstoff sorgt.
Mit dem Spielmobil unterwegs
Peter Straub, Leiter des KiKuZ von 1994 – 2022, hat das Spielmobil mit einem Oldtimer-Traktor
zu den verschiedenen Spielplätzen in Konstanz gefahren.
Vor Ort hat Peter Straub gern die Wasserbaustelle für die Kinder aufgebaut – diesen Spaß
hat er sich nicht mal von einem Gips ums gebrochene Bein nehmen lassen.