Preiswürdige Rettung eines Konstanzer Postkartenmotivs

Die Stiftung Stadtbild Konstanz hat Jeannine Schmidt für die Restauration des Wandgemäldes am „Hohen Haus“ ausgezeichnet.

Eine Personengruppe steht vor einem Haus mit Wandgemälde
Die Mitglieder der Stiftung Stadtbild Konstanz, an der Restaurierung Beteiligte, Spender und die Eigentümerfamilie Schmidt freuen sich, dass die Fresken am Hohen Haus auch von der nächsten Generation bestaunt werden können (v.l.n.r. hintere Reihe): Benjamin Güller, Hans-Joachim Lehmann, Christiane und Stefan Neubig, Robert Lung, Claus Schmidt, Hartmut Rohloff, Frank Mienhardt; (v.l.n.r. vordere Reihe): Angela Büsing, Winfried Koeder, OB Uli Burchardt, Jeannine Schmidt und Ilse Friedrich. Jürgen Kalb war an diesem Termin verhindert.

Neben dem Münster und dem Konzil ist wohl das Hohe Haus in der Zollernstraße eines der auffälligsten Gebäude in der Konstanzer Altstadt. Mit 26 Metern Höhe überragt es seine Nachbarn deutlich. Markant ist jedoch nicht nur die Höhe des von der Konstanzer Patrizierfamilie von Tettikofen Ende des 13. Jahrhunderts erbauten Familiensitzes. Auch die aus den 1930er Jahren stammenden Wandmalereien, die Szenen der Konzilzeit zeigen, ziehen die Blicke an.
 
Diese Fresken waren in den letzten Jahrzehnten u.a. durch Wind und Wetter stark geschädigt worden. Jeannine Schmidt, die Eigentümerin des Hohen Hauses, hat im Zuge einer Fassadenrenovierung auch die Wandmalereien restaurieren lassen. Dafür erhielt sie den Preis der Stiftung Stadtbild Konstanz, den der Vorsitzende des Stiftungsrates, Oberbürgermeister Uli Burchardt, überreichte. Mit den Mitteln der Stiftung werden die vorbildliche Instandhaltung oder Restaurierung von historischen und stadtbildprägenden Bauten gewürdigt.
 
Winfried Koeder und Angela Büsing von der Stiftung Stadtbild Konstanz überreichten eine Urkunde für die „vorbildliche Fassadenrestaurierung“ sowie einen Scheck über 5.000 Euro. 4.000 Euro stammen aus den Mitteln der Stiftung Stadtbild Konstanz, 1.000 Euro hat der Konstanzer Tourismus Förderverein KonTour gespendet. Eine Premiere war die Spende der Plakette und der QR-Code-Tafel im Wert von 500 Euro durch den Konstanzer Jürgen Kalb auf Initiative von Angela Büsing. Bürgerinnen und Bürger der Stadt sollen künftig die Möglichkeit haben, durch die Spende für Plakette und Tafel einen Beitrag zum Erhalt und der Pflege des Gesamtkunstwerks Konstanzer Altstadt zu leisten.
 
„Fast jede Stadtführung bleibt hier stehen“, sagte OB Uli Burchardt in seiner Laudatio. Als Teil des reichen historischen Erbes, das seit vielen hundert Jahren unversehrt geblieben ist, zählen die Wandmalereien zu den wichtigen Bildnissen in Konstanz. „Die historische Bausubstanz wurde uns anvertraut und wir haben die Aufgabe, sie gut in die Zukunft zu tragen“, so Burchardt. „Das ist eine enorme Wertschätzung für die jahrzehntelange Arbeit meiner Familie für den Erhalt des Gebäudes“, erklärte die Eigentümerin, Jeannine Schmidt. Sie dankte den Vertretern der Stiftung Stadtbild Konstanz und allen Beteiligten für die gelungene Restaurierung, die Teil der aufwendigen Sanierung der Sandsteinfassade war. Insbesondere dankte Jeannine Schmidt dem Restaurator Robert Lung, dessen monatelanger, handwerklich hervorragender Arbeit der Erhalt der Fresken zu verdanken ist.
 
Historie und Restaurierung
„Das Hohe Haus ist ein Postkartenmotiv“, erklärte Frank Mienhardt, Leiter der städtischen Denkmalpflege und Mitglied der Stiftung Stadtbild Konstanz. Das Hohe Haus sei schon um 1300 als fünfgeschossiges Gebäude erbaut worden. Im Mittelalter war der Fischhandel in der heutigen Zollernstraße zuhause, eine Illustration davon ist in der Richental Chronik zu finden.
 
1935 ließ sich der Freskenmaler August Brandes davon inspirieren und malte auf der Giebelseite Szenen rund um den Konstanzer Fischmarkt, der hier bis ins 19. Jahrhundert ausgeübt wurde. Auf der Traufseite ist der Hochzeitszug des Burggrafen Friedrich I von Zollern zu sehen. Friedrich I selbst war Gast im Hohen Haus, 1415 wurde er mit der Markgrafenwürde von Brandenburg belehnt. „Hiermit begann die Geschichte Preußens“, so Mienhardt.
 
Der große Brand 1967 schädigte das Hohe Haus und seine Wandmalereien schwer. Der Sohn von August Brandes, Berthold, restaurierte sie 1968. In den 80er Jahren und 2011 fanden weitere Restaurierungen statt. Der Putz war jedoch durch den Brand, das Löschwasser und äußere Einflüsse sehr geschädigt. Aufgrund starker Spannungen des Untergrundes wölbte sich der Putz. Vor drei Jahren stand deshalb sogar die Entfernung der Fresken im Raum. Restaurator Robert Lung erwartete also eine schwierige Aufgabe. Der Malerei-tragende Putz war nur zwei Millimeter dick, der Grundputz darunter ausgeschwemmt. „Ein Drittel der ganzen Fläche hatte sich vom Untergrund abgelöst“, berichtete Lung. Über kleine Injektionslöcher unterspritzte der Restaurator mühevoll den Putz und konsolidierte ihn. Danach erfolgte die Retusche der Fresken. Als zusätzlicher Wetterschutz wurde auch ein kleines Vordach über den Malereien angebracht. So sollen die Wandmalereien auch die nächste Generation begeistern können.

(Erstellt am 16. November 2023 09:23 Uhr / geändert am 16. November 2023 09:25 Uhr)