Anschlussunterbringung Geflüchteter
Stadt informiert transparent über aktuelle Herausforderungen
In der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 20. November 2025 informierte die Stadt Konstanz über die aktuellen Herausforderungen bei der Anschlussunterbringung geflüchteter Menschen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Entwicklung der sogenannten Gemeindequote, die Schaffung zusätzlicher Unterkunftsplätze sowie die städtische Konzeption zur Unterbringung wohnungsloser und geflüchteter Menschen.
Gemeindequote weist aktuell ein Defizit für die Anschlussunterbringung in Konstanz aus
Die Gemeindequote regelt, wie viele geflüchtete Menschen eine Kommune im Landkreis Konstanz in die Anschlussunterbringung übernehmen muss. Grundlage ist der Anteil an der Gesamtbevölkerung. Für Konstanz bedeutet dies, dass die Stadt rund 30 Prozent der Anschlussunterbringungsfälle im Landkreis aufnimmt. In den vergangenen Jahren ist es der Stadt gelungen, ihre Verpflichtungen zu erfüllen und zeitweise sogar mehr Menschen aufzunehmen, als rechnerisch erforderlich gewesen wäre. Nun ist Konstanz jedoch in kurzer Zeit in einen deutlichen Negativbereich gerutscht: Die aktuelle Gemeindequote weist zum 1. Oktober 2025 ein Defizit von 698 Plätzen aus.
Ursachen für diesen Rückgang sind vor allem Faktoren, die die Stadt selbst nicht steuern kann: Viele Menschen, die zuvor als Geflüchtete galten, haben inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten und zählen damit nicht mehr in die Quote. Andere sind aus dem angespannten Konstanzer Wohnungsmarkt in das Umland gezogen, wodurch sich die Quoten zwischen den Städten verschieben. Hinzu kommt, dass Kreisunterkünfte in Konstanz weniger belegt oder abgebaut wurden. Diese Entwicklungen führen dazu, dass Konstanz trotz eines massiven Ausbaus der Unterbringungskapazitäten in den letzten Jahren rechnerisch in den Minusbereich gerutscht ist.
Vereinbarung mit dem Landkreis: Solidarische Entlastung und schrittweiser Ausbau
Um auf diese Situation zu reagieren, hat die Stadt Konstanz im Frühjahr 2025 gemeinsam mit dem Landratsamt Konstanz und den anderen Kreiskommunen eine Lösung vereinbart. Bis Ende 2025 ist Konstanz von Zwangszuteilungen befreit, andere Kommunen übernehmen in dieser Zeit zusätzliche Aufnahmen. Im Gegenzug hat sich die Stadt verpflichtet, im Jahr 2025 durch Nachverdichtungen möglichst viele Menschen freiwillig aufzunehmen, bis Anfang 2026 100 bis 150 neue Plätze zu schaffen und ab 1. Januar 2026 weitere Personen in dieser Größenordnung aufzunehmen. Mittelfristig soll das städtische Unterkunftsangebot im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten etappenweise weiter ausgebaut werden.
Bereits heute arbeitet die Verwaltung unter Federführung von Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn mit hoher Priorität an der Schaffung zusätzlicher Kapazitäten. Geprüft wurden unter anderem der Bau einer Containeranlage, die Nutzung leerstehender Immobilien, der Neubau von Unterkünften sowie die Übernahme von Unterkünften des Landkreises. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, des Zeitbedarfs und der Wohnqualität wurde insbesondere der Containerbau zunächst zurückgestellt. Geeignete größere Leerstände stehen aktuell nicht zur Verfügung, Neubauten sind eher eine mittelfristige Perspektive.
Ein wichtiger Baustein ist das Angebot der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA), mehrere zum Abriss vorgesehene Wohngebäude in der Stein- und Gottfried‑Keller‑Straße vorübergehend zu nutzen. Hier stehen insgesamt 80 Wohnungen mit rund 250 Plätzen zur Verfügung. Das erste Gebäude wurde bereits im Sommer 2025 bezogen. Die Gebäude befinden sich überwiegend in gutem Zustand und können mit vergleichsweise geringem Aufwand genutzt werden. Das Baudezernat verhandelt derzeit mit der BIMA über einen Ankauf oder Tausch, um die Gebäude über Juni 2026 hinaus längerfristig zur Verfügung zu haben. Eine Beschlussvorlage hierzu soll voraussichtlich im Dezember 2025 in die politischen Gremien eingebracht werden.
Breites Unterkunftsnetz in Konstanz – und ein klarer Qualitätsanspruch
Die Stadt Konstanz verfügt über ein breit gefächertes Netz an Unterkünften für geflüchtete und wohnungslose Menschen. Insgesamt betreut das Team Unterbringung des Bürgeramtes derzeit 1.230 Personen. Dazu gehören 906 geflüchtete Menschen in vier Gemeinschaftsunterkünften, sechs Appartementunterkünften und 75 angemieteten Wohnungen sowie 324 Personen, die ordnungsrechtlich untergebracht werden müssen. Grundlage der Unterbringung sind befristete Einweisungsbescheide nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen. Es handelt sich nicht um klassische Mietverhältnisse, sondern um zeitlich begrenzte Not- und Übergangslösungen.
Trotz des hohen Drucks legt die Stadt großen Wert auf Mindeststandards und eine möglichst gute Qualität der Unterkünfte. Dazu zählen etwa ausreichend Wohnfläche pro Person, Koch- und Waschmöglichkeiten sowie beheizbare Räume. Im Vergleich zu vielen anderen Kommunen im Landkreis verfügt Konstanz über ein differenziertes Unterkunftsangebot mit verschiedenen Gemeinschafts- und Appartementunterkünften, das unterschiedliche Bedarfe – von Familien über alleinstehende Geflüchtete bis hin zu Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten – berücksichtigt.
Finanziert wird der Unterbringungsbereich mit einem jährlichen Budget von rund 5,7 Millionen Euro. Ein Teil der Kosten wird über Benutzungsgebühren refinanziert, die überwiegend von den zuständigen Sozialleistungsträgern übernommen werden. Die Stadt erhält zudem für jede Person in der Anschlussunterbringung eine Pauschale vom Landkreis und hat darüber hinaus Fördermittel aus einem EU‑Programm für die Schaffung temporärer Unterkünfte eingeworben.
Ausblick: Jährliche Fortschreibung des Unterbringungskonzepts
Mit der nun vorgelegten Unterbringungskonzeption fasst die Stadt Konstanz ihr Angebot erstmalig umfassend in einem eigenen Konzept zusammen. Dieses gibt einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, die vorhandenen Kapazitäten, die Finanzierung und die einzelnen Unterkünfte in Form von Steckbriefen. Es zeigt zudem auf, wie sich der Platzbedarf bis 2028 entwickeln könnte und welche Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung geplant sind. Die Konzeption soll künftig jährlich fortgeschrieben und an die aktuelle Entwicklung angepasst werden.
Bettina Parschat, Leitung des Konstanzer Bürgeramtes, hält fest: „Die Stadt Konstanz stellt sich ihrer Verantwortung für geflüchtete und wohnungslose Menschen, auch wenn uns die aktuellen Rahmenbedingungen sehr fordern. Wir haben unsere Unterbringungskapazitäten in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut und werden diesen Weg – gemeinsam mit dem Landkreis und den anderen Kreiskommunen – entschlossen weitergehen. Wichtig ist uns dabei, dass wir den Menschen in einer schwierigen Lebensphase nicht nur ein Dach über dem Kopf bieten, sondern verlässliche und möglichst gute Rahmenbedingungen für ihren Neuanfang schaffen. Gleichzeitig war für uns auch immer klar, dass wir die Kapazitäten nicht in Konkurrenz zu generell dringend benötigtem Wohnraum verwirklichen, sondern darüber hinaus schaffen müssen.“
Zugleich setzt sich die Stadt auf Kreisebene dafür ein, das bisherige Quotensystem weiterzuentwickeln. Ziel ist eine Lösung, die sowohl die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Kommunen als auch integrative und soziale Aspekte stärker berücksichtigt. Die Stadt Konstanz wird die Öffentlichkeit transparent über weitere Schritte informieren.
