Mit Mut durch die Geschichte

Ein Historiker bringt frischen Wind in das traditionsreiche Hus-Haus

Jan Hus ist eine der zentralen Figuren der Konstanzer Stadtgeschichte. Vor über 600 Jahren wurde der böhmische Theologe beim Konzil von Konstanz als Ketzer verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Heute erinnert das Hus-Haus in der Hussenstraße an seine Überzeugungen und an seinen Mut. Seit September 2023 ist Alexander Pöschel Kurator der Gedenkstätte. Der Historiker will den geschichtsträchtigen Ort weiter öffnen, neue Formate entwickeln und gerade jungen Menschen die Bedeutung von Gewissensfreiheit und kritischem Denken näherbringen.

Erste Berührungspunkte mit dem Hus-Haus hatte Alexander Pöschl während des Konziljubiläums in Konstanz. Nach dem Studium und einem zweijährigen Volontariat bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg kam schließlich eine Zusage aus Konstanz: „Das Hus-Haus ist die erste Stelle, bei der ich im Team der städtischen Museen auch eigene Führungsverantwortung übernehmen kann“, sagt er.

Zivilcourage gestern und heute

Im Zentrum der Ausstellung stehen drei Schlagworte: Mut zu denken, Mut zu glauben, Mut zu sterben. „Jan Hus war ein hochgebildeter Mensch, der mit friedlichen Absichten nach Konstanz kam“, erklärt Alexander Pöschl. „Er wollte diskutieren, reflektieren, reformieren und war bereit, für seine Überzeugungen zu sterben. Das versuchen wir, den BesucherInnen zu vermitteln.“
Im Zusammenspiel mit dem Rosgartenmuseum, dem Bodensee-Naturmuseum und der Wessenberg-Galerie will das Hus-Haus gerade bei jungen Menschen das Bewusstsein dafür schärfen, dass Zivilcourage und Haltung nicht nur historische Begriffe sind, sondern gesellschaftlich hochaktuell.

Ein Haus mit besonderer Atmosphäre

Das Hus-Haus sei ein besonderer Ort, so Pöschel. „Das Gebäude hat eine mittelalterliche Atmosphäre., Das hilft, sich in die damalige Zeit hineinzuversetzen.“ Besonders eindrücklich sei, sich mit den Originaltexten auseinanderzusetzen: „Wenn wir mit BesucherInnen Briefe von Jan Hus lesen, in denen er seine Gedanken während der Haft formuliert, berührt das Viele.“

Die Karte zeigt verschiedene Orte in Konstanz, an denen Jan Hus gewirkt hat.
In und um Konstanz gibt es viele Orte, die mit dem böhmischen Theologen Jan Hus in Verbindung stehen. 1. Hus-Haus (Haus zur Kanne) 2. Inselhotel (ehemaliges Dominikanerkloster) 3. Schloss Gottlieben 4. Stephansschule (ehemaliges Franziskanerkloster) 5. Münster 6. Hus- und Hieronymusdenkmal (Laube) 7. Hussenstein.

Auf den Spuren von Jan Hus

Um das Museumserlebnis weiterzuentwickeln, hat Alexander Pöschl konkrete Ideen, die er in Zusammenarbeit mit den tschechischen Partnern der Hus-Gesellschaft Prag und der Gesamtleitung der Konstanzer Museen umsetzt. Sein Wunsch: eine digitale Stadtrallye für Schulklassen. „Mit der Actionbound-App könnten SchülerInnen auf den Spuren von Jan Hus in der Altstadt unterwegs sein. So wird das Museum Teil des Stadterlebnisses.“

Jan Hus zwischen Konstanz und Tábor

Für den Kurator ist das Hus-Haus kein bloßer Erinnerungsort. Es ist ein Ort des Austauschs, auch auf internationaler Ebene. Die Dauerausstellung gehört dem Hussitenmuseum in Tábor, mit dem das Haus eng kooperiert. Alle inhaltlichen Fragen würden miteinander abgestimmt, betont Alexander Pöschl: „Die tschechischen Partner bringen die museologische Expertise ein. Das von der Stadt Konstanz mitgetragene Hus-Haus die Vermittlung vor Ort.“ Derzeit arbeiten beide Seiten an der Neugestaltung der Audioguides.
Besonders fasziniert zeigt sich Alexander Pöschel von der Vielfalt seines Publikums: „Wir haben BesucherInnen aus aller Welt – aus Australien, aus Korea, aus Südafrika. Im Juli war eine Gruppe von 56 jungen Menschen aus Südkorea hier, die mit Jan Hus tatsächlich etwas verbinden konnten. Solche Begegnungen sind für mich immer wieder überraschend und bestärkend.“

Blick nach vorn

Für die kommenden Jahre haben die tschechischen und deutschen Partner und Alexander Pöschl klare Vorstellungen. Das Hus-Haus soll stärker vernetzt werden – räumlich wie digital. „Das Hus-Haus ist derzeit ein eher stilles Museum. Wir wollen gerne noch mehr Atmosphäre schaffen, vielleicht mit Musik der damaligen Zeit oder kleinen Filmen.“ Alexander Pöschl schwebt ein immersives Erlebnis vor, etwa durch Videos aus dem Kastengefängnis im heutigen Gottlieben, wo Jan Hus inhaftiert war, oder aus der Bethlehemskapelle in Prag, wo Hus als Priester wirkte. „Für internationale Gäste, die nicht nach Tschechien reisen können, wäre das eine echte Bereicherung.“
Daneben sollen Stadtgesellschaft und Schulen noch stärker eingebunden werden. „Es ist klasse, wie viele Schul- und Konfirmandengruppen uns besuchen“, sagt er. „Mein Wunsch ist, dass das Hus-Haus ein lebendiger Ort bleibt: offen, neugierig und mutig. Ganz im Sinne von Jan Hus.“

Alle Informationen zum Hus-Haus gibt es unter konstanz.de/hus-haus.

Zur Person

Alexander Pöschl, geboren 1991 in Mittelfranken, studierte Geschichte in Heidelberg und Konstanz. Nach einem Volontariat bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg übernahm er 2023 die Leitung des Hus-Hauses.

(Erstellt am 01. Oktober 2025 15:59 Uhr / geändert am 02. Oktober 2025 08:02 Uhr)