Praktischer Nutzen der Digitalisierung / Teil 2

Welche Chancen sich durch die digitale Transformation ergeben

In allen Lebensbereichen gewinnt die Digitalisierung an Bedeutung. Egal, ob es sich um das private oder berufliche Umfeld handelt, ergeben sich durch digitale Möglichkeiten neue Wege der Kommunikation und Arbeitsweisen. Bedürfnisse von BürgerInnen und KundInnen, GeschäftspartnerInnen und ArbeitnehmerInnen verändern sich und treiben die Entwicklung zu einer digitaleren Gesellschaft voran. Flexiblere Arbeitsmodelle, der verstärkte Austausch über virtuelle Werkzeuge und die Unabhängigkeit von Öffnungs- und Bürozeiten sind nur einige Beispiele für diese Transformation. Auch die Kommunen sind mit den Herausforderungen einer fortschreitend digitalen Welt konfrontiert. Um eine moderne Verwaltung zu sein, sind dazu tiefgreifende Veränderungsprozesse in den Abläufen, der Kommunikation und den Strukturen notwendig. Die Stadt Konstanz arbeitetet seit längerer Zeit intensiv an der Digitalisierung von Prozessen und Arbeitsweisen. Es folgen einige Beispiele zu realisierten Projekten.

Stand der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) in Konstanz

Im Jahr 2017 wurde das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (OZG) verabschiedet. Darin wurden Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, bis Ende 2022 insgesamt 575 Verwaltungsleistungen für ihre BürgerInnen digital anzubieten. Ziel des Gesetzes war, einen vereinfachten Zugang für NutzerInnen und eine zukünftig effizientere und nutzerfreundlichere Interaktion zwischen Bürgerschaft und Verwaltung zu schaffen. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass die Umsetzung bis zur gegebenen Frist zu einem sehr großen Teil nicht möglich war. Bei der Verabschiedung des OZGs wurde zum einen die Umsetzbarkeit über föderale Grenzen hinweg nicht genug berücksichtigt. Zum anderen wurden rechtliche Rahmenbedingungen nicht angepasst. So ist beispielsweise für einige Leistungen rechtlich ein persönliches Erscheinen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin vorgeschrieben. Auch technische, personelle und finanzielle Ressourcen wurden vom Gesetzgeber weder thematisiert noch zur Verfügung gestellt. Eine ganzheitliche Strategie zur Umsetzung und klar geregelte Zuständigkeiten fehlten im Gesetz ebenfalls.

In Baden-Württemberg wurde zur Umsetzung des OZGs die Plattform Service-BW als einheitliche Plattform für digitale Verwaltungsleistungen gewählt. Von den 575 Leistungen des Umsetzungskataloges mussten laut Zuteilung insgesamt 302 Leistungen durch die Stadtverwaltung Konstanz für die Bereitstellung auf Service-BW bearbeitet werden. Anfang 2022 waren dort 22 Standardprozesse online verfügbar. Weitere 17 Prozesse waren bereits über andere Kanäle online zugänglich. Bis Ende des Jahres 2022 wurden von der Abteilung Informationstechnik und Logistik des Amtes für Digitalisierung und IT insgesamt 134 weitere Leistungen in digitaler Form umgesetzt. Etwa 120 der zugewiesenen Prozesse können von der Stadt derzeit nicht erfüllt werden. Das liegt teils daran, dass sie falsch zugewiesen wurden, oder daran, dass es sich um Leistungen handelt, die nicht über ein Formular abgebildet werden können. Manche der Prozesse erfordern das persönliche Erscheinen des Antragstellers bzw der Antragstellerin.

Alle Formulare und Prozessmodelle müssen durch das Innenministerium Baden-Württemberg zertifiziert werden, bevor eine offizielle Freischaltung auf Service-BW stattfinden kann. So werden Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen gewährleistet. Diese Zertifizierung nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, sodass sich die meisten der in Konstanz umgesetzten Leistungen derzeit noch in der Zertifizierungsphase befinden. Sobald die Freigabe erfolgt, ist der umgesetzte Prozess dann auf Service- BW für die NutzerInnen zugänglich. Im Laufe des ersten Halbjahres 2023 werden also sehr wahrscheinlich über 100 weitere digitale Formulare und Prozesse für die Konstanzer BürgerInnen zur Verfügung stehen.

Die Digitalisierung der Verwaltungsabläufe zur vereinfachten Nutzung für die BürgerInnen bleibt eine Daueraufgabe. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und ist gerade dabei, eine neue Version des Onlinezugangsgesetzes aufzusetzen. Die Stadt Konstanz verfolgt weiterhin das Ziel, möglichst viele Leistungen online und medienbruchfrei zur Verfügung zu stellen.

Mängelmelder

Einige im OZG geforderten Leistungen können bereits seit 2016 über den Mängelmelder der Stadt Konstanz genutzt werden, wie beispielsweise die Meldung eines Straßenschadens oder das Fehlen eines Straßenschildes.

Der Mängelmelder wird von der Abteilung Bürgerbeteiligung, Engagement und Städtepartnerschaften des Hauptamtes als Digitalisierungsmaßnahme zur Bürgerbeteiligung angeboten. Hier kann eine Vielzahl von Mängeln schnell und unkompliziert online an die Stadtverwaltung Konstanz übermittelt werden, die dann von den zuständigen Stellen behoben werden. Bürgerinnen und Bürger können zwischen den Kategorien Beleuchtung, Müll/Sauberkeit, Infrastruktur, Pflanzenwuchs, öffentliche Orte/Ufer und sonstigen Hinweisen wählen. Es gibt die Möglichkeit, ein Bild des festgestellten Mangels und Geokoordinaten des Standortes zu hinterlegen.

Von der Bevölkerung wird der Mängelmelder zahlreich genutzt. So gingen im Jahr 2022 etwa 100 Meldungen pro Monat ein. Zu finden ist der Mängelmelder unter konstanz-mitgestalten.de. Dort gibt es außerdem weitere Informationen zu aktuellen und vergangenen Bürgerbeteiligungsaktionen sowie die Vorhabenliste der Stadt Konstanz, in der alle Vorhaben und Planungen mit ihrem Bearbeitungsstand und vielen weiteren Fakten zusammengestellt sind. Der Mängelmelder ist außerdem als App in den gängigen App-Stores kostenfrei erhältlich.

Daneben gibt es einen umfassenden Datensatz der über den Mängelmelder mitgeteilten Vorkommnisse auf dem Offene Daten Portal der Stadt: offenedaten-konstanz.de. Einige Teilnehmende beim Open Data Hackathon am 16. und 17. Dezember 2022 haben diesen Datensatz analysiert und dabei beispielsweise herausgefunden, dass Infrastrukturmängel und Verschmutzungen am häufigsten gemeldet werden.

Automatisierte amtliche Lageplanauskunft

Seit Oktober 2022 gibt es die Möglichkeit, einen amtlichen Auszug aus dem Liegenschaftskataster der Stadt Konstanz, eine sogenannte Lageplanauskunft, selbstständig über das Portal Service-BW abzurufen (Leistung Detailansicht – Serviceportal Konstanz). Dafür hat das Amt für Liegenschaften und Geoinformation zusammen mit dem Amt für Digitalisierung und IT eine neue Anwendung eingerichtet. Amtliche Lageplanauskünfte werden vor allem von ArchitektInnen, Bauleitungen und ImmobilienmarklerInnen gebraucht, sind jedoch auch für jede private beziehungsweise jeden privaten BauherrIn und GrundstücksbesitzerIn relevant. Pro Jahr werden etwa 450 Auszüge aus dem Liegenschaftskataster im BauPunkt der Stadt Konstanz beantragt und abgerufen. Mit dem digitalen Angebot besteht die Möglichkeit, dieses Dokument auch außerhalb der Servicezeiten des BauPunktes zu erhalten.

Nach der erstmaligen Registrierung oder Anmeldung bei Service-BW gelangt man über die Eingabe der Adresse, der Flurstücknummer oder eines Schlagwortes auf einer Karte zu dem gewünschten Flurstück. Im nächsten Schritt kann ganz individuell der genaue Ausschnitt und sein Format festgelegt werden: DIN A3 oder A4, Hoch- oder Querformat und der Maßstab (1:500, 1:1000 oder 1:2500). Zusätzlich ist es möglich, den Kartenausschnitt freihändig zu verschieben und zu drehen sowie bei Bedarf eine oder mehrere weitere Seiten anzufügen. Sind der gewünschte Ausschnitt gewählt und alle Einstellungen gemacht, wird der amtliche Lageplan erstellt. Anschließend erfolgt eine Weiterleitung zurück zu Service-BW und der Bezahlvorgang startet. Über den Gebührenbescheid wird der zu bezahlende Betrag angezeigt. Ein amtlicher Lageplan kostet 20 €. Diese Gebühren fallen auch an, wenn der Lageplan persönlich beim BauPunkt der Stadt Konstanz angefordert wird und nicht über den digitalen Dienst selbst erstellt wird. Es stehen verschiedene Bezahlmethoden zur Verfügung (Kreditkarte, giropay, PayPal oder paydirekt). Nach erfolgreicher Bezahlung stehen der amtliche Lageplan und der Gebührenbescheid sofort im Servicekonto bei Service-BW als Download zur Verfügung.

Für die Zukunft ist angedacht, in dieser Anwendung weitere Konstanzer Geodaten mit Raumbezug (z.B. DXF/DWG-Katasterdaten, Orthobilder, Stadtplanauszüge, u. v. m.) zum selbstständigen Abruf zur Verfügung zu stellen.