Straßenumbenennung

Wer eine Adresse in sein Navigationssystem eingibt, denkt normalerweise nicht weiter über den Straßennamen nach, sondern ist froh, wenn er seinen Weg findet und kein Stau auf der Route ist. Ob Goethe- oder Schillerstraße, manche Namen findet man in fast jedem Stadtplan in Deutschland. Manche sind jedoch seltener als andere und hängen oftmals mit Persönlichkeiten zusammen, die eine Stadt besonders geprägt haben. Diese Menschen werden mit einer Straßenbenennung gewürdigt, manchmal werden sie auch zu Ehrenbürgern ihrer Stadt ernannt.
Die Ehrenbürgerauszeichnung ist üblicherweise die höchste Auszeichnung einer Stadt und besteht, wenn sie nicht aberkannt wird, bis zum Lebensende. Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg, Otto Fürst von Bismarck oder Kurt Georg Kiesinger sind einige der bekannteren Persönlichkeiten, denen in der Stadt Konstanz diese Ehre verliehen wurde. Auch wenn es sich nur um einen symbolischen Akt handeln kann, wird umstrittenen Persönlichkeiten oft posthum die Ehrenbürgerschaft entzogen. Oberbürgermeister Uli Burchardt beauftragte im Mai 2019 eine Arbeitsgruppe von Historikern, die sich mit der Vergangenheit der drei Ehrenbürger Dr. Conrad Gröber, Paul von Hindenburg und Dr. h.c. Franz Knapp beschäftigen sollte. In seiner Sitzung vom 26. September 2019 folgte der Gemeinderat der Empfehlung der Kommission und erkannte die Ehrenbürgerschaften in den genannten Fällen ab.
Bereits im Jahr 2014 hat der Konstanzer Gemeinderat die „Allgemeinen Richtlinien für die Benennung und Umbenennung von Straßen, Wegen und Plätzen in Konstanz (24 KB)“ beschlossen. Hiernach kommt insbesondere eine Umbenennung bei Straßen in Betracht, die nach Personen benannt sind, die als Repräsentanten des Nationalsozialismus oder sonstiger Unrechtssysteme zu bewerten sind. Eine Expertenkommission hat auch hier inzwischen alle 190 nach Personen benannten Konstanzer Straßen anhand der Richtlinien überprüft. Um sich dessen sicher zu sein, bedarf es oftmals einer genauen Untersuchung der historischen Quellen, damit der Gemeinderat eine fundierte Entscheidung treffen kann.
Bei sechs Straßen wurden die Voraussetzungen für eine Umbenennung durch die Experten grundsätzlich bejaht, nämlich:
der Franz-Knapp-Passage,
der Conrad-Gröber-Straße,
der Hindenburgstraße,
der Otto-Raggenbass-Straße,
der Werner-Sombart-Straße und
der Felix-Wankel-Straße.
Die Entscheidung, ob eine Straße letztlich umbenannt wird oder nicht, obliegt dem Gemeinderat, der dabei das öffentliche Interesse an einer möglichen Umbenennung mit den privaten Interessen der betroffenen Anlieger abwägen muss. Bevor der Gemeinderat diese Entscheidung treffen kann, werden deshalb die Anlieger der zur Umbenennung vorgesehenen Straßen angehört. Sie erhalten dabei nähere Informationen über die namensgebende Person und ihr Wirken aus heutiger Sicht. Außerdem werden ihnen das weitere Verfahren sowie die Auswirkungen einer möglichen Umbenennung ihrer Straße erläutert. Üblicherweise erfolgt dies im Rahmen einer öffentlichen Bürgerinformationsveranstaltung. Aufgrund der Coronakrise konnte diese in den oben genannten Fällen leider nicht durchgeführt werden. Stattdessen wurden die Anwohner, Betriebe und sonstige Einrichtungen mit einer Anschrift in einer dieser Straßen per Briefpost informiert. Sie konnten dann ihre Bedenken, Anregungen, Einwendungen, neue Namensvorschläge, etc. beim zuständigen Amt für Liegenschaften und Geoinformation der Stadt Konstanz vorbringen.
Mit diesem Wissen hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am 29. Juni 2023 die Umbenennung der sechs Straßen und folgende Neubenennungen beschlossen:
- Die „Franz-Knapp-Passage“ wird in „Rathauspassage“,
- die „Otto-Raggenbass-Straße“ in „Emma-Herwegh-Straße“,
- die „Conrad-Gröber-Straße“ in „Josef-Picard-Straße“,
- die „Hindenburgstraße“ in „Matthias-Erzberger-Straße“,
- die „Werner-Sombart-Straße“ in „Ralf-Dahrendorf-Straße“ und
- die „Felix-Wankel-Straße“ in „Robert-Gerwig-Straße“ umbenannt.
Im Rahmen der Sitzung hat die Verwaltung zudem den Prüfauftrag erhalten, dem Gemeinderat Vorschläge vorzulegen, ob und ggf. wie von den Straßenumbenennungen betroffene Gewerbebetriebe für den dadurch entstehenden Aufwand entschädigt werden könnten. Nach eingehender Beratung hat der Gemeinderat am 25.01.2024 entschieden, keine Entschädigung zu leisten. Stattdessen wurde beschlossen, die öffentliche Bekanntmachung der Umbenennungen erst am 01.01.2025 zu veröffentlichen, damit den betroffenen Betrieben eine angemessene Vorlaufzeit eingeräumt wird.
Aktuelles zu den Straßenumbenennungen - Stand Juni 2025
Conrad-Gröber- und Werner-Sombart-Straße erhalten ihre neuen Namen
Umbenennung von zwei Straßen erfolgt – Widersprüche gegen die weiteren Änderungen
Die Veröffentlichung der Umbennungsentscheidung erfolgte am 02.01.2025 auf der Website der Stadt Konstanz. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Allgemeinverfügung. Nach der erfolgten Bekanntmachung muss diese noch vollzogen werden. Ein Vollzug der Umbenennungen ist jedoch erst mit Eintritt der Bestandskraft der Allgemeinverfügung möglich. Bestandskraft tritt dann ein, wenn die geltenden Rechtsmittelfristen abgelaufen sind und kein Rechtsbehelf mehr anhängig ist.
In der o.g. öffentlichen Bekanntmachung wird festgelegt sein, dass die Straßenumbenennungen zum 24.01.2025 als bekanntgegeben gelten.Gegen die genannten Straßenumbenennungen konnte in Folge binnen eines Monats (ab dem 25.01.2025) bei der Stadt Konstanz (Amt für Liegenschaften und Geoinformation, Untere Laube 24, 78462 Konstanz) Widerspruch erhoben werden. Ein Widerspruchsverfahren endet mit Erlass eines Widerspruchsbescheides. Gegen diesen kann der Betroffene binnen eines Monats nach Zustellung Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg erheben.
Ab welchem Zeitpunkt ist der neue Straßenname wirksam?
Die Erhebung von Rechtsmitteln, d.h. Widerspruch oder Klage, haben aufschiebende Wirkung. Dies bedeutet, dass die neuen Straßennamen erst nach Abschluss etwaiger Verfahren bestandskräftig sind und auch erst ab diesem Zeitpunkt gelten.
Was müssen AnwohnerInnen / AnliegerInnen tun?
Betroffene müssen abwarten, bis sie ein weiteres Infoschreiben der Stadt erhalten, in dem ihnen mitgeteilt wird, ab wann die Umbenennung ihrer Straße bestandskräftig ist und sie den neuen Straßennamen verwenden können. Frühestens ab diesem Zeitpunkt können z.B. die Personalausweise geändert werden und sollten Versicherungen, Freunde etc. informiert werden. Das kann von Straße zu Straße unterschiedlich sein.
Wie lange kann ich noch den „alten“ Straßennamen verwenden?
Auch nach Bestandkraft der Straßenumbenennung kann der alte Straßenname noch für eine Übergangszeit von sechs Monaten verwendet werden.
Was ist mit den Straßennamenschildern?
Mit Bestandskraft der Straßenumbenennungen wird die Hängung des neuen Straßennamensschildes veranlasst. Zunächst hängen dann beide Schilder: das alte und das neue. Das alte Straßennamensschild wird nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten nach Anbringung des neuen Straßennamensschildes entfernt.
Die einzelnen Namensgeber und Antworten auf häufige Fragen (FAQ)
Die Gründe, die für die Aberkennung der Würdigung mit einer Straßenbenennung ausschlaggebend waren, sowie Erläuterungen zu den neuen NamensgeberInnen sind aus den nachfolgend verlinkten Steckbriefen zu entnehmen, die mit freundlicher Unterstützung des Leiters des Konstanzer Stadtarchivs, Prof. Dr. Jürgen Klöckler, entstanden sind: