Für ein menschliches Europa

Mohamed El Bachiri erhielt Konstanzer Konzilspreis

Bild: Stadt Konstanz/Chris Danneffel

Mohamed El Bachiri wurde am Montag, 4. November 2019, mit dem „Konstanzer Konzilspreis. Preis für europäische Begegnungen und Dialog“ ausgezeichnet. Er wird damit für sein Engagement für ein offenes, tolerantes und menschliches Miteinander in Europa geehrt. Für die Auszeichnung vorgeschlagen wurde der ehemalige Metrofahrer aus Brüssel von Herman Van Rompuy, der als erster Präsident des Europäischen Rates wirkte und der bei der Preisverleihung die Laudatio hielt.

Mohamed El Bachiri verlor bei den Terroranschlägen 2016 in Brüssel seine Frau Loubna. Sie war das einzige muslimische Opfer der Anschläge und starb auf dem Weg zur Arbeit durch die Explosion in der Brüsseler U-Bahn. El Bachiri ist davon überzeugt, dass Hass oder gar Gegengewalt niemals eine Antwort sein dürfen. Der Grausamkeit und dem schmerzlichen Verlust, den er erleiden musste, zum Trotz setzt er sich für Offenheit, Toleranz und die Verständigung zwischen den Religionen ein. Er nennt das „meinen Dschihad der Liebe“ – so auch der Titel seines Buches, in dem er den Verlust seiner Frau zu verarbeiten versuchte.

Herman van Rompuy erläuterte in seiner Laudatio, dass Mohamed El Bachiri die Leser mit seinem Buch an die großen Prinzipien des Humanismus erinnere. El Bachiri sei nicht zum Gefangenen seiner Rache geworden. Vielmehr möchte sein Buch den unheiligen Kreislauf von Rache und Vergeltung durchbrechen. „Ihr Schmerzensschrei und Ihre Verzweiflung verwandeln sich in eine Sehnsucht nach Hoffnung und Lebenslust“, erklärte er an den Preisträger gerichtet.

In seiner Dankesrede griff Mohamed El Bachiri das Stichwort des Humanismus auf und führte aus, wie dieser für ihn einen zentralen Wert darstellt: „Eine bessere Welt für unsere Kinder zu schaffen ist unmöglich ohne den Humanismus zu einer Tradition zu machen, die allen Bürgern, unabhängig von ihrem Glauben, vermittelt wird. Lassen wir uns von den humanistischen Bewegungen inspirieren, die sowohl im christlichen Westen als auch im muslimischen Osten im Laufe der Geschichte entstanden sind.“ Dabei appellierte er auch an die europäische Solidarität: “In diesen schwierigen Zeiten, hier in Europa, sollten wir uns mehr denn je gegenseitig unterstützen. Einander vertrauen, unsere Ängste und Vorurteile überwinden, um gemeinsam für das Gemeinwohl zu arbeiten.“

Oberbürgermeister Uli Burchardt konnte zu Beginn der Veranstaltung rund 400 Besucherinnen und Besucher begrüßen. Er erinnerte in seinen einleitenden Worten daran, dass Europa wie bei den vorangegangenen Preisverleihungen nach wie vor mit besonderen Herausforderungen konfrontiert sei. „Jedes Mal verspüren wir die dringende Notwendigkeit, dass wir uns für Europa einbringen müssen, das die europäische Idee Unterstützung jeder Art benötige, dass wir für Europa aufstehen müssen.“ Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel, Vorstand des Konstanzer Konzilsvereins, betonte: „Es sind die Vorbilder wie Mohamed El Bachiri, die die Europäische Idee und unsere Gesellschaft mehr denn je brauchen. Und es braucht weitsichtige Persönlichkeiten, wie Herman Van Rompuy, die solche Vorbildern Sichtbarkeit geben.“

Die Preisverleihung wurde von Hanna Fearns musikalisch begleitet. Michael J. Müller las Passagen aus El Bachiris Buch „Mein Dschihad der Liebe“.

Der Konstanzer Konzilspreis

Bürger können Vorschläge für Patenschaft einreichen

Mit dem Konstanzer Konzilspreis werden Personen oder Initiativen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für ein Europa der Begegnungen einsetzen und einen Beitrag zum Dialog über Europa und seine Zukunft leisten. Die Auszeichnung ist mit 10.000 € dotiert. Träger des Konstanzer Konzilspreises sind die Stadt Konstanz und der Konstanzer Konzilsverein, der Ende 2018 gegründet wurde und sich neben dem Konstanzer Konzilspreis für europäische Projekte wie das Europakonzil einsetzt und diese in der Bürgerschaft verankert.

Initiiert wurde der Konstanzer Konzilspreis durch ein für Europa engagiertes Kuratorium, dem Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft angehören. Vergeben wird die Auszeichnung im Rahmen eines Patenmodells. Dabei ernennt ein europaweit bekannter Pate einen Preisträger, der sich für europäische Begegnungen und Dialog engagiert. Der prominente Pate verhilft dem Preisträger so als „Türöffner“ zu größerer Öffentlichkeit. Bisherige Preisträger sind der Theatermacher Milo Rau und Prälat Dr. Peter Klasvogt. Sie wurden von dem Schriftsteller Adolf Muschg und Reinhard Kardinal Mary ausgezeichnet. Vorschläge für die Patenschaft des nächsten Konstanzer Konzilspreises können bis Mitte April 2020 unter konzilspreis@konstanz.de eingereicht werden.

(Erstellt am 06. November 2019 15:39 Uhr / geändert am 12. November 2019 13:48 Uhr)