HTWG-Team lässt Konkurrenz im Regen stehen

Großer Erfolg mit selbst entwickeltem Elektro-Rennmotorrad bei Wettbewerb in Imola

Eine Gruppe Menschen um ein Motorrad herum aufgestellt
Das Team eLaketric der HTWG Hochschule Konstanz hat sich beim internationalen Entwicklerwettbewerb Moto Engineering Italy in Imola mit dem selbst konstruierten Elektro-Rennmotorrad gegen eine starke Konkurrenz durchgesetzt und sich in der Gesamtwertung Platz drei gesichert. Foto: Thilo König

Das hatten sich die Studierenden selbst kaum zu wünschen gewagt: Im Autodromo Enzo e Dino Ferrari in Imola hat sich das Team eLaketric der HTWG Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung mit seinem selbst entwickelten Elektro-Rennmotorrad gegen eine extrem starke Konkurrenz durchgesetzt. Nach einer emotionalen Woche mit Erfolgen und auch kurzfristigen Tiefschlägen konnten die Konstanzer das Abschlussrennen für sich entscheiden. In der Gesamtwertung erreichten sie mit ihrer Maschine „Amperia“ den dritten Platz des Moto Engineering Wettbewerbs. Die Studierenden verwiesen damit große und erfahrene Teams, darunter das Polytechnikum Mailand, die Universität Breslau und die Universität Prag, auf die hinteren Plätze. Lediglich das Team der Universität Bologna, das unter anderem von der Ducati Stiftung gesponsert wird, und das Team der Universität Modena erreichten vor den Konstanzern die Plätze eins und zwei. „Es ist ein Riesenerfolg für uns, dass wir uns mit den Topteams aus dem MotorValley der Region Emilia Romagna auf dem Podium platzieren konnten“, freut sich Prof. Dr. Florian Lang, der das Team betreut.

Moto Engineering Italy ist ein internationaler Entwicklungswettbewerb für Hochschulen und Universitäten. Die interdisziplinären Teams konstruieren elektrisch angetriebene Rennmotorräder, wobei alle denselben Motor nutzen und die Maximalspannung der Batterie vorgegeben ist. Alles Weitere ist den Teams größtenteils freigestellt. Die Hälfte der Punkte wird für die Qualität des Konzepts, des Designs, der Dokumentation und der Projektpräsentation vergeben (statische Tests). Die zweite Hälfte der Punkte wird für die Performance der Prototypen in den dynamischen Tests vergeben (Bremstest, Handlingparcours, Beschleunigung, Qualifying und zwei Rennen).

Bei dem Wettbewerb zeigten sich die besonderen Stärken des HTWG-Teams, das als einziges deutsches Team teilgenommen hat: „Es entwickelt immer wieder, auch kurzfristig vor Ort, innovative und kreative Lösungen“, freut sich Prof. Dr. Florian Lang. Unter anderem haben die Studierenden ein enorm leistungsfähiges On-Board Datenerfassungssystem selbst aufgebaut, das erlaubt, die Amperia optimal abzustimmen und Probleme sehr schnell zu erkennen. Teamleiter Frederic Hardy aus dem Studiengang Maschinenbau erläutert: „Wir können gewährleisten, dass unser Prototyp mit hoher Zuverlässigkeit eine konstante Leistung in allen Disziplinen bringt, auch unter schwierigen Bedingungen.“

Besonders schwere Bedingungen herrschten bei den zwei Abschlussrennen: Bei strömendem Regen bewies die Fahrerin, Maschinenbaustudentin Hannah Schienle, nicht nur Nervenstärke, sondern fahrtaktisches Geschick. Mit Spitzengeschwindigkeiten um 150 km/h reizte sie zwar die Höchstgeschwindigkeit der Maschine unter den Wetterbedingungen nicht aus, raste aber zuerst auf Platz drei und fuhr zuletzt sogar mit einem souveränen Überholmanöver als Siegerin in den Zieleinlauf – und das, obwohl sie nach dem Qualifying von Position sechs gestartet war. Die Ingenieurstudentin kennt die Maschine technisch gut und kann so bei kleineren Problemen im Fahrbetrieb optimal reagieren. „Die Woche in Imola war extrem aufregend“, sagt sie im Rückblick und ergänzt dankbar: „Ich war mehrfach komplett überwältigt, wie ruhig und professionell jeder einzelne auf unerwartete Situationen reagiert und wie gut wir als Team funktionieren. Bei jeder Herausforderung, welche uns bevorstand, habe ich sehen dürfen, wie gewissenhaft, schnell und professionell jeder einzelne arbeitet.“

Seit 2016 nimmt das eLaketric Team alle zwei Jahre am internationalen Rennevent MotoStudent im spanischen Aragon teil. Hierfür entwickeln über 45 Teams weltweit elektrische Prototypen dieser Motorradkategorie. Zum jüngsten Moto Engineering Wettbewerb wurden elf der erfolgreichsten Teams aus der letzten Saison in Imola erwartet, „die alle schon auf einem hohen Level performen“, erläutert Teamleiter Frederic Hardy. Letztlich konnten nur neun beim Wettbewerb antreten. Umso enger waren unter den Favoritenteams die Abstände. „Ein kleines Team wie wir muss dann anders punkten und die Ressourcen so gut wie möglich einsetzen“, erläutert Hardy mit Blick auf die Konkurrenzteams von Hochschulen, die zehn bis 15 Mal so groß wie die HTWG sind. Da wirkt der Einsatz des rund 20-köpfigen Teams wie der Kampf von David gegen Goliath. Dennoch versichert Cyril Wittwer, Leiter der Mechanik, lachend: „Mit den anderen Teams standen wir in sehr gutem Kontakt, nach den ersten Erfolgen wurden wir für die interessant.“

Der Grund für den Erfolg: „Unsere Strategie besteht im Wesentlichen darin, modulare und bewährte Konzepte einzusetzen, die wir so leistungsfähig wie möglich gestalten, ohne "Overengineering" zu betreiben“, so das Leitungsteam. Und ein nicht zu unterschätzendes Element: Der Teamgeist und das Engagement aller Mitglieder. Trotz vorlesungsfreier Zeit hatte das Team in den Wochen davor viele Stunden bei Testfahrten, in der Werkstatt und vor den Laptops verbracht. Die Studierenden hatten die Maschine komplett auseinander gebaut und zum Beispiel das Managementsystem der selbst konzipierten Batterie optimiert. So konnten sie mit einer Batterie ins Rennen gehen, die zwar über einen relativ einfachen Aufbau verfügt, aber sehr robust und gut kühlbar ist, was sich gerade bei den zwei dicht aufeinander folgenden Rennen als vorteilhaft erwiesen hat.

(Erstellt am 10. Oktober 2022 16:41 Uhr / geändert am 10. Oktober 2022 16:44 Uhr)