My Ullmann 1905-1995. Bilder, Bühne Kunst am Bau

16. September 2023 bis 7. Januar 2024

My Ullmann: ohne Titel (Panther im Sprung); ohne Jahr; Mischtechnik auf Papier; Privatbesitz
My Ullmann: ohne Titel (Panther im Sprung); ohne Jahr; Mischtechnik auf Papier; Privatbesitz

Maria Ullmann, die 1905 in Wien geboren wurde und 1995 in Konstanz starb, zählt zu den BegründerInnen des Kinetismus, einer avantgardistischen Kunstrichtung, die sich um 1920 im Umfeld der Wiener Kunstgewerbeschule entwickelte. Ausgehend von dem griechischen Wort kinesis (Bewegung) suchte man rhythmische Komposition und die Darstellung simultan ablaufender Bewegungsprozesse in einer Komposition zu vereinigen. Ullmann, die seit 1921 an der Wiener Kunstgewerbeschule studierte und wegweisende Werke des Kinetismus schuf, signierte ihre Arbeiten seit dieser Zeit mit My, der lateinischen Transkription des griechischen M ihres Vornamens.
Nach dem Abschluss ihres Studiums arbeitete My Ullmann als Kunstgewerblerin, Werbegraphikerin sowie Bühnen- und Kostümbildnerin. Ihre von zahlreichen Ortswechseln bestimmte Karriere führte sie u. a. in die Schweiz, wo sie 1931 die Ausstattung der Geistlichen Spiele in Luzern verantworte und für das Zürcher Stadttheater Bühnenbilder und Drucksachen schuf. 1933/34 wurde sie Reklamechefin des Schuhhauses Leiser in Berlin und unterrichtete an der dortigen Textil- und Modeschule. Seit 1934 war sie als Bühnen- und Kostümbildnerin für Theater in Berlin, Leipzig, Münster, Dortmund und Gelsenkirchen tätig. Nach dem Zweiten Weltkrieg gestaltete Ullmann, die als überzeugte Katholikin den Nationalsozialismus stets abgelehnt hatte, als Innenarchitektin u. a. den Crusader Country Club der Royal Navy in Travemünde, entwarf Gobelins und ließ sich 1959 in Münster nieder, wo sie my studio eröffnete und sich auf künstlerische Raum- und Wandgestaltungen spezialisierte. Viele ihrer in den 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre als Kunst am Bau entstandenen Werke, in denen sie oftmals an ihr kinetistisches Frühwerk anknüpfte, existieren heute nicht mehr. 1975 zog My Ullmann nach Konstanz, wo sie künstlerisch jedoch nie in Erscheinung trat und zwanzig Jahre später weitgehend vergessen starb.
 
Während Ullmanns frühe Gemälde und Graphiken Aufsehen erregten, hat sich die Kunstgeschichte nie für ihr nach 1930 entstandenes Werk interessiert. Die Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz hat sich auf Spurensuche begeben und eine vielseitig tätige Künstlerin entdeckt, die zeitlebens durch selbstbewusste Eigenwilligkeit und einen unkonventionellen Lebensstil auffiel.
 
Die Ausstellung, zu der ein Katalog erscheint, entsteht in Zusammenarbeit mit dem Museum für Angewandte Kunst Wien.
 

Konrad Ferdinand Edmund von Freyhold 1878-1944. Aufbruch und Anpassung

27. Januar bis 14. April 2024

K. F. E. von Freyhold: Entwurf zu Daphnis und Chloe, ohne Jahr, Lithographie und Aquarell auf Papier, 20 x 24 cm, Nachlass K. F. E. von Freyhold
K. F. E. von Freyhold: Entwurf zu Daphnis und Chloe, ohne Jahr, Lithographie und Aquarell auf Papier, 20 x 24 cm, Nachlass K. F. E. von Freyhold

Konrad Ferdinand Edmund von Freyhold (1878–1944): Wer sich für die Kunst der Bilderbuchillustration interessiert, kommt an diesem Namen nicht vorbei: Die stilistische Neuartigkeit und der kindegerchte Ansatz seiner zwischen 1905 und 1908 entstandenen Bilderbücher – Tiere, Sport und Spiel, Das Hasenbuch – war revolutionär und sollte zwanzig Jahre später großen Einfluss auf dem Gebiet der Bilderbuchillustration haben. Als Maler ist Freyhold heute dagegen weitgehend vergessen.

Nach einem nur zweisemestrigen Studium an der Karlsruher Kunstakademie bildete sich Freyhold auf Reisen autodidaktisch fort. Die Freundschaft mit den Künstlern Karl Hofer und Emil Rudolf Weiss, die er in Karlsruhe kennengelernt hatte, sollte ihn zur Bilderbuchillustration bringen. Bis 1914 hielt sich Freyhold regelmäßig in Paris auf. Als Kenner der dortigen Kunstszene vermittelte er Werke französischer Maler u. a. an den deutschen Sammler Karl Ernst Osthaus. Die Begegnung mit dem Werk von Auguste Renoir sollte Freyholds eigenes Schaffen nachhaltig beeinflussen. Hatte sich Freyhold vor dem Ersten Weltkrieg an zahlreichen Ausstellungen beteiligt, stagnierte seine malerische Karriere nach 1918. In dieser Zeit intensivierte sich die Freundschaft mit dem Winterthurer Handelsherrn Werner Reinhart, der ihn immer wieder mit Aufträgen bedachte und zu Reisen einlud. Bereits dessen Vater Theodor Reinhart hatte den jungen Freyhold über Jahre finanziell unterstützt. Von 1926 bis 1930 malte Freyhold die Aula der Universität in Königsberg aus, doch seine Darstellung des „Parnass“ fand wenig Anklang. Künstlerisch frustriert trat Freyhold in die NSDAP ein, und machte als Politfunktionär in Freiburg Karriere. 1927 hatte er mit anderen Künstlern die „Badische Secession“ gegründet, deren Vorsitzender er seit 1933 bis zu deren zwangsweisen Auflösung 1936 war.

Unsere Ausstellung widmet sich einem Maler und Menschen von ambivalentem Charakter. Eine Künstlerlaufbahn geprägt von starken Anfängen, einer später durchaus selbstverschuldeten Erfolglosigkeit und von zuletzt verhängnisvollem politischem Mitläufertum.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Ignaz Heinrich von Wessenberg. 1774-1860. Kirchenfürst - Politiker - Sammler - Dichter

4. Mai bis 1. September 2024

Unbekannter Künstler: Bildnis Ignaz Heinrich von Wessenberg; ohne Jahr; Aquatinta; 16,9 x 12 cm
Unbekannter Künstler: Bildnis Ignaz Heinrich von Wessenberg; ohne Jahr; Aquatinta; 16,9 x 12 cm

Ignaz Heinrich von Wessenberg ist als kirchliche Führungspersönlichkeit im südwestdeutschen Raum bis heute unvergessen. Im Frühjahr 1802 trat der 1774 Geborene sein Amt als Generalvikar in Konstanz an, Bischofssitz des damals größten deutschen Bistums. Innerkirchlich setzte sich Wessenberg dafür ein, die Pastoralausbildung zu solidieren, er rief die Priester in der Diözese auf, sich zu Wort zu melden und gründete dafür eigens eine Zeitschrift („Archiv für die Pastoralkonferenzen..."). Er veränderte geradezu radikal die Ordnung der Gottesdienste, nicht nur weil in der Liturgie die lateinische Sprache weitgehend abgeschafft und durch das Deutsche ersetzt wurde, sondern weil es ihm auch gelang, in der Messfeier eine Korrespondenz zwischen Priester und Volk herzustellen. In dieser Absicht konzipierte er ein Gesang- und Andachtsbuch, das zu einem der großen Bucherfolge des 19. Jahrhunderts wurde. Es gelang ihm ferner den Schulbetrieb der kirchlichen Obhut anzuvertrauen, Lehrer auszubilden und durch Herausgabe von Schulbüchern die Lehrinhalte zu sichern. Respekt verdienen auch sein Erlass zur Einführung einer „Armenfürsorge“ in den Gemeinden, die Gründung von Taubstummenanstalten und eines Erziehungsheims für Mädchen, das er später zu seinem Universalerben machte. Nach dem Tod von Fürstbischof Dalberg wählte das Konstanzer Domkapitel Wessenberg 1817 zum Bistumsverweser. Doch Rom erkannte seine Wahl nicht an und löste das Bistum Konstanz 1821 auf. 1827 zog sich Wessenberg aus allen Ämtern zurück und widmete die letzten 33 Jahre seines Lebens dem Schreiben, dem Aufbau seiner Sammlungen sowie der Pflege seiner zahlreichen Kontakte.

2024 jährt sich der Geburtstag des bedeutenden christlichen Spätaufklärers zum 250. Mal. In ihrer Sommerausstellung wird die Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz an den 250. Geburtstag jenes Mannes erinnern, dessen nachgelassener Kunstsammlung sie ihre Existenz verdankt. Den Festvortrag am 3. Mai 2024 anlässlich der Vernissage um 19 Uhr hält der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Hubert Wolf, Universität Münster (Eine Anmeldung ist nur mit vorab Einladung möglich und erst durch unsere Bestätigung gültig gebucht). Um auf diese Ausstellung einzustimmen, finden im Vorfeld drei Vorträge statt:

Donnerstag, 18. Januar 2024, um 19 Uhr
Dr. Georg Stippler, Konstanz
„Zwischen katholischer Revolution und Kulturkampf — die Kirchengeschichte des 19. Jahrhunderts“

Mittwoch, 28. Februar 2024, um 19 Uhr
Prof. Dr. Jürgen Klöckler, Leiter des Stadtarchiv Konstanz
„Der Politiker Ignaz Heinrich von Wessenberg: Sein Wirken in der Ersten Kammer der Badischen Ständeversammlung“

Mittwoch, 27. März 2024, um 19 Uhr
Prof. em. Dr. Klaus Oettinger, Konstanz
„Um eine freisinnige Kirche ringend — Katholische Priester im 19. Jahrhundert — Wessenberg und die Wessenbergianer“

Die Vorträge finden im Wolkensteinsaal am Münster statt. Eine Anmeldung ist erforderlich bei: Franziska.Deinhammer@konstanz.de oder Tel. +49 (0)7531 900 2376

Hans Thoma 1839-1924. Beseelte Natur

14. September 2024 bis 12. Januar 2025

Hans Thoma: Der Wanderer, 1906, Algrafie, 40,5 x 30,9 cm, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz
Hans Thoma: Der Wanderer, 1906, Algrafie, 40,5 x 30,9 cm, Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz

Er wurde einst zum „Lieblingsmaler des deutschen Volkes“ erklärt. Hans Thoma war zu Lebzeiten einer der bekanntesten und erfolgreichsten Künstler Deutschlands. 1924 starb er hochbetagt in Karlsruhe, wo er mehr als dreißig Jahre seines Lebens verbrachte. In seinem 100. Todesjahr erinnert die Wessenberg-Galerie an den bedeutenden Künstler.

Hans Thomas künstlerische Anerkennung stellte sich erst spät ein. Der 1839 in Bernau geborene Künstler war bereits 51 Jahre alt, als ihm 1890 eine Einzelausstellung im Münchener Kunstverein den lang ersehnten Durchbruch bescherte. Nach zwei abgebrochenen Lehren als Lithograf und Anstreicher in Basel und Uhrenschildmaler in Furtwangen erhielt er 1859 ein Stipendium an der neugegründeten Großherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe. Vierzig Jahre später wurde er dort durch Großherzog Friedrich I. von Baden zum Professor berufen und zugleich zum Direktor der Kunsthalle Karlsruhe ernannt. Trotz des hohen Amtes, das er erst 1919 im Alter von 80 Jahren niederlegte, war er künstlerisch äußerst produktiv: Bis zu seinem Tod schuf er nicht nur fantastische Neuinterpretationen mythologischer und christlicher Motive, sondern auch heimatliche Landschaftstücke des Schwarzwalds, des Taunus-Gebirges und der Oberrheinebene, die ihn zum nationalen Malerstar werden ließen. Mit seinen der Zeit enthobenen Bildern bediente er als Gegenentwurf zur rasant fortschreitenden Modernisierung und Industrialisierung die Sehnsucht seiner Zeitgenossen nach einem ursprünglichen Leben im Einklang mit der Natur. Als künstlerisch besonders fruchtbar erwiesen sich Thomas erste Italienreise 1874 und die Freundschaft zu Arnold Böcklin, den er Anfang der 1870er-Jahre kennenlernte.

In der Kunstwelt bereits etabliert, wandte er sich in den 1890er-Jahren dem für ihn bis dato unerforschten Gebiet der Druckgrafik zu. Mit großer Experimentierfreude erlangte er auch in diesem Feld beeindruckende Souveränität und technische Meisterschaft. Hans Thomas kaiserzeitliche Popularität und seine eigenen nationalkonservativen Haltungen führten posthum zu einer Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten, die ihn als vermeintlich urdeutschen Heimatmaler verklärten. Hinzu kommt, dass Thoma in privaten Briefen zuweilen Anschauungen eines politischen Antisemitismus geäußert hatte und so für den Nationalsozialismus anschlussfähig erschien. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet er zunehmend in Vergessenheit. Sein Werk rückte erst in den letzten Jahren in den Fokus einer kunstgeschichtlichen Neubewertung.

Im Jahr 2020 gelangten knapp 120 Grafiken von Hans Thoma durch Schenkung in die Sammlung der Wessenberg-Galerie. Sie spiegeln die Vielfalt seines druckgrafischen Schaffens und bilden den Grundstock der Ausstellung. Werke seiner Schüler, u.a. von Emil Rudolf Weiss, Karl Hofer und Otto Marquard runden die Präsentation ab.